Er war zwischen 1982 und 1985 mein Stabschef und der erste Offizier, dem ich unterstellt war, denn zwischen Leiter Einsatz Diensthunde, einem Stabsfeldwebel, und ihm gab es faktisch nix. Irgendwie war Peter Thomsen immer auch noch Landwirt. Er hatte ein kleines Grundstück mit Häuschen bei Teltow, Kaninchen und Federvieh und ein Herz für die Hundestaffel. In den drei Jahren gab es einige schöne Anekdoten, die das belegen. Er erzählte uns mal, wie er seine Frau kennenlernte: "Im Sommer 1961 hat er seinem künftigen Schwiegervater bei Mahlow einen Zaun durch den Stall gezogen und anschließend um die Hand der Tochter angehalten".
Einer meiner Soldaten schrieb mir als Reaktion auf die Todesanzeige "Thommy war einer von den Guten..."
Vor Thomsen hatten alle Respekt UND Achtung - auch die Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere. Vor den meisten anderen Stabsoffizieren hatte man Angst oder - eine gewisse - Verachtung, im guten Fall Spott. Thomsen war für uns eine väterliche Figur: hart, streng aber fair. Thomsen hat nicht einfach befohlen - er hat geführt. Damit war er eine der ganz großen Ausnahmen im Grenzsystem. Zu meiner Zeit war da nur OSL Borchardt, Chef Ausbildung und später GÜSt Drewitz/Dreilinden, auf Augenhöhe.
Nach dem Mauerfall habe ich mich mit Peter Thomsen ein paar Mal in den 2010er Jahren unterhalten. Er erzählte mir, wie er sich im Sommer/Herbst 1989 von Partei und Kommandoebene verschaukelt und verlassen fühlte, wie der Kommandeur Oberst HL Regiment und Soldaten im Stich ließ, wie er in der Nacht des 9.11.1989 das Regiment führte und anschließend als verantwortlicher Kommandeur auflöste. Peter Thomsen war vom ersten bis zum letzten Tag Grenzsoldat. So konsequent er die Mauer aufgebaut hat, so konsequent hat er sie zurück gebaut. Den einzigen Kontakt, den er linksseitig von Elbe und Werra pflegte, war der zum Oberst der Bundeswehr, dem er das Regiment übergab. Aus den geplanten 30 Minuten wurden 6 Stunden, die im Regimentsclub endeten. Vielleicht war das am Ende sogar eine Männerfreundschaft?
Wer über 28 Jahre für die Grenze Verantwortung übernahm, hat sicherlich nicht immer alles richtig gemacht. Aber wie in seinem Fall auch nicht alles falsch. Unter seiner Verantwortung gab es keinen Toten im Dienst. Es mag auch Glück dabei gewesen sein, aber immer nur Glück ist dann auch Können.
Ich war '83/'84 Grenzsoldat im GR 44 . Ich hatte immer
großen Respekt vor ihm und ihn sehr geschätzt auf Grund seines Führungsstils,
Gerechtigkeit gegenüber jedem Dienstgrad und seiner MENSCHLICHKEIT...Ich
hatte auch nach der Wende Kontakt zu ihm und er hat immer einen sehr positiven
Eindruck bei mir hinterlassen. Er war ein großartiger MENSCH...bleibt unvergessen...
Onkel Matscher...